Waffelbruch
oder Was allen in die Kindheit scheint
Ein Langgedicht
(Forum Gollenstein)
Gollenstein Verlag, Blieskastel 1996
144 Seiten, gebunden
ISBN 3-930008-48-3
Heiner Feldhoff serviert in "Waffelbruch" jene Mischung aus Süßigkeiten und Bitterstoffen der Jugendzeit, die sich, Jahrzehnte später, als Essenz eines ganzen Lebens erweist.
So konkret es um eine Kindheit im Ruhrgebiet der 50er Jahre geht - der sensible Leser entdeckt auf einmal sein eigenes Erleben, sein eigenes Erwachen damals in der Zeit der Anfänge. Thomas Maes hat Feldhoffs Erinnerungsfragmente auf ebenso spannende wie originelle Weise in typographischen Bildern interpretiert, in denen er mit dem Originaltext spielt. Eine faszinierende Folge von Erinnerungsbildern, die das Flüchtige des gelebten Lebens aus dem Dunkel des Vergessens befreien ...
|
||
Prickelpit Aus dem Gedächtnis wehen Erinnerungsfetzen heran. Ohne Punkt und Komma purzeln «Wundertüten Zoutjes Prickelpit Waffelbruch» aufs Papier. «Die Wörter zum Wohlsein», aber auch Sonntagspeinlichkeiten wie «weisse Kniestrümpfe» und «Klämmerchen im Haar» steigen auf aus den Schichten des Unbewussten. Heiner Feldhoff, Jahrgang 1945, hat diese autobiographischen Fragmente aus den fünfziger Jahren zusammengetragen. Als Sohn eines Duisburger Herrenausstatters wurde er in der Zeit des «Du-sollst-es-einmal-besser-haben» hineingeboren. Die Sessel trugen Schonbezüge, die Gitarre hiess noch «Klampfe», und Jugendliche mit Musik im Blut und Grillen im Kopf wurden «Halbstarke» genannt. In kurzen Textblöcken, die auf den ersten Blick wie Strophen angeordnet und bei genauem Lesen wie spontan skizzierte Sinneswahrnehmungen wirken, lässt Feldhoff das Chaos der frühen Jahre noch einmal flüchtige Gestalt annehmen. Mit seiner literarischen Exkursion durch das Gängeviertel der Kindheit weckt der gelernte Romanist, der bislang lieber die Biographie von Albert Camus oder Henry David Thoreau als die eigene recherchierte, die Lust des Lesers auf das freie Spiel der Assoziationen. Ob er den mahnenden Unterton in der Stimme des Vaters evoziert, die «Todesblumen» auf den altersfleckigen Händen der Grossmutter oder das erste Staunen in den Ausschnitt eines jungen Mädchens hinein: Mit zielsicheren Worten verdichtet Feldhoff die Atmosphäre einer ganz normalen und doch einmaligen Nachkriegskindheit. Er ist ein bedächtiger Impressionist, der strahlende Farben durch graue Schattierungen dämpft und an die Stelle des nostalgischen Schwelgens die Bündigkeit des Ausdrucks setzt. Christiane Schott-Falksohn, Neue Zürcher Zeitung (zitiert mit freundlicher Genehmigung der NZZ) |