Lauftext

Quer durch die Worte kommen Reste von Licht. (Franz Kafka)
Schwarze Blume

Schwarze Blume

Kim Young-ha

Aus dem Koreanischen von Hanju Yang und Heiner Feldhoff

Klappbroschur, Fadenheftung, 448 Seiten, 12,90 €

konkursbuch Verlag Claudia Gehrke, Tübingen 2010

ISBN 3-88769-758-8

auch als eBook

konkursbuch Verlag Claudia Gehrke

Ein atemberaubender Roman über eine Reise ins Ungewisse.
Kim Young-ha ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Autoren Koreas.

Ijong ist ohne Eltern auf der Straße aufgewachsen und möchte seinen erbärmlichen Lebensumständen entfliehen. Er träumt vom Gelobten Land, von Mexiko. Während der hochdramatischen Überfahrt auf dem Frachter Ilford, auf dem koreanische Auswanderer Anfang des 20. Jahrhunderts für eine lange Zeit auf engstem Raum zusammenleben müssen, kommt es zu schweren Spannungen unter den nach Herkunft und Bildung so unterschiedlichen Menschen, zu brutalen, aber auch zu bewegenden Liebesszenen.


Kim Young-ha erzählt von der erwachenden Liebe zwischen Ijong und Yonsu, deren adlige Familie ebenso vor der politischen Situation in Korea flieht wie Ijong. Alle gesellschaftlichen Schichten finden sich unter den Migranten, doch die traditionellen Hierarchien verschwinden schon während der Reise immer mehr.


Endlich auf Yucatan angekommen, erwartet sie die große Desillusionierung, sie werden in den Henequen (Sisal)-Haziendas ausgebeutet und körperlich misshandelt, es kommt zu Aufständen, zu Konflikten zwischen dem Codex des alten Korea und dem brutalen Kolonialsystem der Neuen Welt, hinzu kommt die quälende Sehnsucht nach ihrem Heimatland. Wird die Liebe zwischen Ijong und Yonsu daran zerbrechen?


Doch die meisten von ihnen lernen rasch, sich gleich den unterdrückten Maya mit den Umständen zu arrangieren und sich sogar dem katholischen Fanatismus der Hazienderos zu unterwerfen, insgeheim pflegen sie aber ihre eigenen mystisch-schamanischen Bräuche. Nach Ablauf ihrer Pflichtzeit als Lohnsklaven beteiligen sich zahlreiche Koreaner an den revolutionären Erhebungen gegen den mexikanischen Diktator Diaz und so, zu politischem Handeln motiviert, gründen sie im guatemaltekischen Urwald der Mayas, in Tikal, ein neues freies Korea , das über ein Jahr Bestand hat.

Und so beginnt der Roman:

Sein Körper war vornüber ins Sumpfwasser gesunken. Seegras schlang sich um sein Gesicht. Eine Fülle von Bildern flutete an Ijongs Augen vorüber, Bilder von Chemulpo, der Hafenstadt, die aufstiegen aus dem Dunkel des Vergessens. Nichts war verblasst. Alle waren sie wieder da: der Eunuch mit seiner Bambuslöte, der Priester auf der Flucht, der Schamane bei der Geisterbeschwörung, das Mädchen mit dem Rehblutgeruch, die verarmten Verwandten des Kaisers, die ausgemergelten entlassenen Soldaten, der Friseur des Revolutionärs. Mit strahlenden Gesichtern standen sie vor dem japanischen Gebäude auf dem Hügel der Stadt und warteten auf ihn. Wie kommt es, dass ich das noch so deutlich sehe?, fragte sich Ijong. Verwundert öffnete er die Augen. Und alles verschwand. Modriges Wasser drang in seine Lungen. Der Tritt eines Militärstiefels traf ihn im Nacken, stieß seinen Kopf noch tiefer in den Sumpf.

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